Juni ist der Hochzeitsmonat, auch in der Königsfamilie, und deshalb kann es interessant sein, die Menüs der Brautpaare zu vergleichen. Elch ist z. B. kein Thema für eine Festmahlzeit im Sommer, falls man nicht auf TK-Fleisch zurückgreifen will, was man zu Prinzessinenhochzeiten vermeiden möchte. Vor ein paar Jahren habe ich Tore Wretmans Mat & Minnen im Second Hand gefunden, und es ist ein schönes Buch zum Blättern und Lesen. Da schönes Wetter, habe ich am Samstag lieber den Nachmittag auf der Terrasse mit diesem Buch als vor der Glotze verbracht. Prinz Carl Philips Hochzeit war sicher schön, aber ich musste sie nicht sehen. Wie auch immer, Tore Wretman, der Held der schwedischen Küche, war nämlich zuständig für das Essen als der König seine Silvia heiratete. Dies war am 19 Juni 1976, also obacht! Im nächsten Jahr wird 40. Hochzeitstag gefeiert! Tore Wretman war es, der die französische Küche nach Schweden wieder einführte (nach den vielen mageren Jahren im 20. Jahrhundert), der das Smörgasbord neu ordnete und damit rettete und der außerdem die schwedische Hausmannskost aufwertete. Im nächsten Jahr hätte Tore Wretman übrigens seinen 100. feiern können, wenn er noch lebte.
Der 19. Juni ist so nah an Mittsommer wie es nur geht, und wie man sieht, hat Tore Wretman für das königliche Menü an das klassische schwedische Mittsommeressen angeknüpft, und gleichzeitig etwas klassisches, kontinentales gekocht.
Laut Wretman hat man früher zum Mittsommer folgendes gegessen, zum Beispiel im Grand Restaurant Saltsjöbaden:
Ein paar Schnittchen (um den Schnaps zu legitimieren)
Frisch geräucherter Lachs mit Spinat und pochiertes Ei
Hähnchen, gerne ein halbes Stubenküken pro Person, mit Sahnesauce
Erdbeeren mit Schlagsahne und Eis
Als Carl XVI Gustav und Silvia heirateten gab es:
Aspik mit iranischem Kaviar
Lachsmousse (Rezept kommt bald!)
Kalte schottische Taube mit Gänseleber und Sauce chaude-froide
Frische Walderdbeeren mit Vanilleeis und Schlagsahne
Die Ähnlichkeiten sind nicht von der Hand zu weisen. Ein solides klassisches Menü. Mir würde es gefallen.
Ich habe noch nach den Menüs der Königskinder recherchiert und da fällt einem vor allem auf, dass es dabei eine förmliche Geschmacksexplosion gibt. So viel dolles wie möglich, aber ganz wenige Kalorien, außer im Nachtisch. Da haben wohl in allen Fällen die Bräute ziemlich viel von ihrem Senf dazu gegeben. Und, mit Ausnahme von der Hochzeit von Madeleine und Chris (Kalbsfilet), war das Essen fleischfrei, das heißt Fisch und Meeresfrüchte in Hülle und Fülle. Eigentlich finde ich das nicht sehr fair den Gästen gegenüber, auch wenn ich gerne Fisch esse. Normalerweise sollen die Gänge in einem Menü etwas variierter sein, sowohl im Geschmack, wie auch in den Farben. Bei der Kronprinzessin gab es sonderbarerweise Vanilleeis in weißer Schokolade zum Erdbeer-Rhabarbermousse.
Hier das aktuelle Menü von letzter Woche (Prinz Carl-Philip und Sofia):
Weißer Spargel, in Hollerblütensud gekocht, mit Kaviar (wahrscheinlich vom Saibling oder Felchen) und Spargel-Schnittlauchemulsion (soll wohl Sauce bedeuten)
Kaiserhummer/Kaisergranat (gab es auch bei Victoria) in Koriandersud (Körner oder Grünes?) gekocht, mit Jakobsmuschel auf dem Herd (vielen Dank für die Auskunft) gebraten und mit einer Yuzu-sauce (eine Art Zitrusfrucht), mit Fichte abgeschmeckt (klingt natürlich doll, aber Fichte schmeckt schon nach Terpentin). Dazu Waldsauerklee (allzuviel kann es wohl nicht sein, da nicht sehr gesund in größeren Mengen) und Erbsen. (Die große Boulevardzeitung Aftonbladet erklärt aller Ernstes, dass Waldsauerklee nur an der Westküste wächst und dem Meisterkoch Lallerstedt völlig unbekannt ist, was total komisch klingt, da es überall Waldsauerklee gibt.)
Leicht graved, angebratener Zander mit gegrilltem Gemüse, karamellisierte Crème Fraîche (?) und geräucherte Butter
Pfirsich- und Himbeertartelette mit weißer Schokolade, Champagner- und Pfirsichsorbet
Hoffentlich gab es gescheite Sättigungsbeilagen dazu, damit die älteren Herrschaften wie König Harald und Staatsminister Löfvén nicht unerwartet wieder hungrig vom Tisch aufstehen mussten. Nur vier Gänge scheint Tradition zu sein. Es klingt etwas mickrig für eine königliche Hochzeit, aber man muss bedenken, dass der König in den 70. Jahren heiratete, als Sparsamkeit höchstes Gebot war. Und die Königskinder dürfen vielleicht nicht den König übertrumpfen. Aber ist eine Prinzenhochzeit wirklich die richtige Gelegenheit für ein Weight-Watcher-Menü?
Am Freitag den 19. Juni will ich die Vorspeise von 1976 nachkochen. Das Rezept kommt dann ein paar Tage später. Ihr könnt es ja für 2016 aufheben und dann den 40. Hochzeitstag des Königspaares feiern.