Hering zuckerfrei einlegen – geht das?

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Für Schweden ist es vielleicht etwas gewöhnungsbedürftig, aber man kann Hering auch ohne Zucker einlegen! Ansonsten ist dieses Rezept eine dänische Variante von dem in Schweden beliebten rötlichen Sandelholzhering. Und diese Variante habe ich wiederum vom schwedischen Koch Leif Mannerström. Ich bin von Salzhering ausgegangen, aber ich denke, nicht allzu öliger Matjeshering kann man auch nehmen. Sehr lecker! Dieses Rezept habe ich für den Mittsommerabend en famille vorbereitet. Am Mittsommertag hatten wir dann unser Mittsommerfest im Verein. Wir haben noch geschafft, den Baum zu errichten und vier Tanzlieder (Kleine Frösche / Schweinchen; Des Pfarrers kleine Krähe; Drei kleine Weibchen und alle sieben Verse von Wir gehen um den Wacholderbusch und waschen, spülen, hängen, bügeln, mangeln, putzen, gehen in die Kirche) zu singen und tanzen, bevor der Baum fast auf den Kopf des Accordeonisten gefallen ist, und Wind und Regen über uns hereinbrachen. Typisches Mittsommerwetter, eben.

Zum Rezept: Es ist aus Leif Mannerströms Sill & Strömming, das schon ein paar Jahre auf dem Buckel hat. Damals und immer noch war Nussbutter hochaktuell bei schwedischen Köchen, und wird auch für dieses Rezept empfohlen. Nussbutter ist ja auch was feines, aber die schwedischen Feinschmecker haben anscheinend jetzt genug davon, und meckern im aktuellen White Guide Restaurantführer darüber. Und hier geht es zum Rezept. Dort gibt es noch einen Link zu einem pappsüßen Gewürzhering, den ich selbst kreiert habe. Sucht euch aus, was euch besser gefällt.

Leif Mannerströms Flirt mit den Franzosen

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Der König der Chefköche in Göteborg, Hausmannskoch Leif Mannerström, meint, auch Franzosen mit einem „ausgebildeten Geschmack“ würden diese Variante Salzhering essen, und hat das Rezept gleich „Sill lyonnaise“ genannt, obwohl der Name, streng genommen, schon belegt ist. Wie üblich habe ich die Optik nicht so gut hinbekommen. Besonders der Fisch musste fürs Foto unter den Gurken und dem Meerrettich versteckt werden. Aber die gebratenen Salzheringen in Verbindung mit den etwas süß-sauren roten Zwiebeln sind sehr lecker. Sie würden sicher in der Bretagne gut ankommen, aber in Lyon, da bin ich mir weniger sicher. Ich bin nicht mal sicher ob man das herkömmliche Gericht Harengs à la lyonnaise in Lyon isst – genau so wenig wie Lyonerwurst. Ich glaube, jenes Rezept wurde nach den Pommes à la lyonnaise benannt, wobei der Begriff à la lyonnaise sich angeblich auf den klein geschnittenen Bratzwiebeln bezieht. Dieses neue Rezept habe ich aus dem Buch: Mannerströms sill & strömming. Das Rezept habe ich ganz unten auf der Seite vom gebratenen Salzhering abgelegt. Einen guten Appetit wünsche ich allen, auch Lyonern mit einem „ausgebildeten Geschmack“. Zum Rezept geht es hier.

Mittsommer naht, an den Hering denken!

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Mittsommer ohne Hering und neue Kartoffeln, geht das? Zum Glück habe ich jede Menge Rezepte gesammelt, und hier kommt ein Klassiker, besonders geeignet für einen verregneten Mittsommer, was natürlich vorkommen kann, aber eigentlich wollen wir hoffen, dass der Regen bald eine etwas längere Pause macht.

Hier wird der Lertallrikssill – der Tontellerhering im Ofen warm gemacht. Das Rezept habe ich im „Mannerströms sill & strömming“, ein Kochbuch, das gerade im Ö&B zum Verkauf angeboten wird. Mannerström ist ein Koch aus der Zeit zwischen Tore Wretman und der neuen kreativen Generation, und hat sich wohl das meiste selbst aneignen müssen, da er in der kulinarisch dunklesten Zeit Schwedens seinen Beruf erlernte. Inzwischen ist er in Schweden so bekannt wie Schuhbeck in Deutschland und hat sich auf Hausmannskost spezialisiert. Zum leckeren Rezept geht es hier. Auf Youtube kann man ihn auch kennenlernen.

Vindböjtel

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Früher sagte man auch in Schweden „vindböjtel“ (so geschrieben) zu Brandteig. Heute bevorzugt man „Petits choux“ (Aussprache und Rechtschreibung könnte etwas vom Französischen abweichen). In einem Kochbuch über traditionelles Essen an der Westküste (Gråärter och Doppekopp / Barbro Östlund) habe ich das kleine Gebäck mit pikanter Füllung gefunden. Streng genommen ist es eine Art „Gubbröra“. Das angegebene Rezept:

10 kleine Ansjovisfilets (Appetitsild)

5 hart gekochte, gehackte Eier

100 ml Schnittlauch, geschnitten

3 EL Kaviarcreme, nicht geräuchert

100 ml Sahne, geschlagen

Alles miteinander vermengen. Ich habe mich aber nicht an das Rezept gehalten, sondern gleich die ganze Dose Ansjovis (etwa 15 Filets glaube ich), aber nur 2 Eier und weniger Kaviarcreme genommen. Und die Sahne gegen Schmand ausgetauscht. Was nicht in die „vindböjtel“ hereingepasst hat, wurde in zwei Avocadohälfte gefüllt, nicht dass man vor 100 Jahre an der Westküste Avocados kannte… Aber geschmeckt hat es schon. Salat dazu und schon hat man ein komplettes Abendessen.

Ein Rezept für Brandteig findet man überall. Wer, wie ich, Probleme mit dem Spritzen hat, kann mit zwei Löffeln oder einen Eisportionierer arbeiten. Das geht auch.

Alte und neue Feiertage

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Heute ist der schwedische Nationalfeiertag. Traditionell feiert man ihn nicht. Früher hieß er Tag der schwedischen Fahne und wurde höchstens dadurch gefeiert, dass sich ein paar Honorationen einander mit Reden langweilten und die Blasmusik spielte. Ich weiß, ich war nämlich einmal dabei und habe das Geschehen beobachtet. Vor gar nicht langer Zeit bestimmte dann die Obrigkeit, dass der Tag der schwedischen Fahne zu einem Feiertag (und dafür der Pfingsmontag gestrichen) werden sollte. Das Timing war wohl nicht so perfekt, weil gleichzeitig fanden die Urheber des Nationalfeiertags (der Grund, warum der 6.6. ausgewählt wurde, ist nicht besonders klar), dass alles was „national“ heißt, ganz schlimm wäre. Also mussten sie sich selbst aus der Klemme helfen, und den Feiertag „anders“ feiern, d. h. wie eine Art Mischung aus Christopher Street Day und Multikulti. Das Konzept ist nicht wirklich aufgegangen. Die Schweden feiern wie immer Mittsommer als eine Art inoffizieller Nationalfeiertag. Am heutigen freien Montag wird wahrscheinlich der Rasen gemäht.

Ganz früher, vor 1000 Jahren, feierte man aber schon Mittsommer und Mittwinter. Oft gab es zu den verschiedenen Feiertagen blutige Opferungen, wo u. a. manches Pferd dran glauben mussten. Hinterher gab es Pferdeeintopf. Als die Kirche später etwas zu sagen bekam, wurde daher Pferdeeintopf total verboten. Es gibt eine Geschichte von zwei Königen; der eine war schon Christ, der andere noch Heide, die sich treffen und zusammen essen wollten. Es gab leider zuerst diplomatische Verwicklungen bei dem Treffen, da der getaufte König sich weigerte, von dem angebotenen Pferdeeintopf zu essen. Es hätte ein Krieg zwischen Schweden und Norwegen ausbrechen können. Aber schließlich einigten sie sich darauf, dass der Christ wenigstens am Essen riechen sollte.

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Ich bin auf die Geschichte gestoßen, als ich aus gegebenen Anlass nach einem Rezept für Pferdegulasch suchte. Auf dem Viktualienmarkt in München gibt es ein Laden für Pferdefleisch, wo ich ein Pfund Gulasch gekauft habe. Pferdefleisch soll sehr gesund und mager sein. Tatsächlich schmeckt es ziemlich nach Wild. Die Wikinger haben jedenfalls Sellerie, Zwiebeln und Möhren gekannt. Speck hatten sie auch, und theoretisch hätten sie Pilze (wobei ich nicht weiß, ob sie die gegessen haben – später, bis in die Neuzeit, wurden Pilze nicht gegessen) und Wein (falls sie gerade welchen auf einem Raub- oder Handelszug besorgt hätten). Was sie nicht hatten, war sicher Tomatenmark und Pfeffer. Dafür passen Wacholderbeeren sehr gut zum Fleisch. Wenn man bedenkt, was für Wikingeressen auf der tollen Wikingerausstellung in Rosenheim aufgetischt wird, würde ich aber meinen Pferdeeintopf für richtig authentisch halten.

Das Pferdefleischtabu blieb ewig lange. Es gibt da eine tragische Geschichte aus meiner Heimat, wo der Erbe von einem schönen Gutshof, ein adeliger Offizier mit demokratischen Ansichten, ohne zu denken den Pferdemetzger per Handschlag grüßte, worauf er völlig entehrt wurde, seinen Beruf und seinen Hof verlor und auswandern musste. Das muss Ende des 18. oder Anfang des 19. Jahrhunderts gewesen sein. Um die Zeit versuchte die Regierung jedoch den armen Leuten das Pferdefleisch wieder schmackhaft zu machen, weil es doch eine Verschwendung wäre, das gute Fleisch zu verscharren, wo Leute hungerten. Es hat nicht sehr gut geklappt. Nur als Salzfleisch auf Butterbrot wurde Pferdefleisch akzeptiert. Wer also „Hamburgerkött“ abgepackt in dünnen glänzenden Scheiben kauft, bekommt meistens noch Pferdefleisch. Meine Oma hat z. B. immer „Hamburgerkött“ vorrätig gehabt, lange bevor die „Hamburger“ aus Amerika in Schweden Fuss fassten.

Ein schnelles Ansjovisrezept aus alten Tagen

Bullens pilsnerkorv

Im Jahre 1934 kam ein kleines Kochbuch von Erik und Elsa Berglund heraus, Bullens kokbok. Bullen war ein bekannter Skribent, der sich sehr fürs Kochen interessierte, als es noch gar nicht schick für Männer galt, und ist unvergesslich, so lange wie man seine Wurst in der Dose noch kaufen kann. Im Kochbuch wird erklärt wie man Fonds und Saucen macht, und wie man zum Beispiel gar nicht Mayonnaise machen darf. Bullen war ziemlich streng. Das allererste Rezept nach dem Stilllebenfoto von einem Hummer und einer großen Krabbe, die sich (wie es scheint) animiert unterhalten, umgeben von allerhand Gemüse und einer Makrele, habe ich jetzt nachgekocht. Was heißt gekocht, frittiert, meine ich.

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Frittierter Ansjovis mit Petersilie. Zum Rezept geht es hier. (Auch auf dem Bild: Falafel aus roten Linsen und gelben Erbsen. Wenn die Frittöse schon mal verwendet wird… ) Den Ansjovis würde ich ein anderes Mal gerne als kleine Vorspeise reichen. Ganz tolle Idee! Danke, Bullen!